Kelten - wir können alles, außer schreiben

Ein Bericht von Stefan Benning über die GV-Runde am 12. Januar 2011

Rektorin i. R. Gertrud Bolay aus Asperg referierte am vergangenen Mittwoch im Bärensaal beim Geschichtsverein Bietigheim-Bissingen über den Hohenasperg als keltischen Fürstensitz.

Fast einhundert intessierte Vereinsmitglieder und Gäste lauschten, dichtgedrängt, den Ausführungen der sich versiert in den Fussstapfen weiland ihres Vaters, des bekannten Asperger Heimatforschers Theodor Bolay bewegenden Pädagogin Gertrud Bolay. Vor zwei Jahren hatte sie gemeinsam mit weiteren Asperger „Keltenfreunden” die im 19. und 20. Jahrhundert am Kleinaspergle, im Grafenbühl und im Osterholz ausgegrabenen keltischen Fundobjekte aus den Magazinen des Württ. Landesmuseums in Stuttgart wieder ans Licht geholt und sie mit großem Erfolg und preisgekrönt in einer Ausstellung im neuen Asperger Rathaus präsentiert. Zusammen mit dem spektakulären Fund des Keltenfürsten von Hochdorf (1978) befeuerte diese „Wiederentdeckung” erneut die Diskussion um einen zentralen Fürstensitz auf dem Hohenasperg. Die FAZ hatte damals ein wenig despektierlich getitelt „das Tutenchamunle vom Heckebeerlesgäu”.

Gertrud Bolay konnte nun den interessierten Bietigheim-Bissingern im Bilde zeigen, wie qualitätvoll die lange aus dem Bewußtsein verschwundenen Asperger Funde sind und in welches kontinentale kulturelle Beziehungsgeflecht man sie einordnen muss. Bolay stellte sie auch in den Zusammenhang mit weiteren hochkarätigen keltischen Grabfunden aus dem mittleren Neckarraum, etwa reichem Goldschmuck aus einem Frauengrab in Schöckingen (1951), dem 1963 gefundenen Krieger von Hirschlanden und dem Keltenfürsten von Hochdorf. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass die Funde allemal Anlass geben, neben der Heuneburg, dem Mont Lassois in Burgund und dem Glauberg in Hessen auch auf dem Hohenasperg einen solchen Fürstensitz in den vorchristlichen Jahrhunderten anzunehmen.

Die Kelten waren kein eigentlicher Volksstamm. Der Begriff „Kelten” ist eher eine Sammelbezeichnung für verschiedene Volksgruppen der Eisenzeit, die sich aber in Sprache und Brauchtum ähnelten. Seit dem achten vorchristlichen Jahrhundert lassen sie sich in Mitteleuropa nachweisen. Da sie jedoch über keine eigene Schrift verfügten, ist ihre Geschichte nur über schriftliche Fremdzeugnisse bzw. durch ihre Objekthinterlassenschaften in Form von Gräbern und Siedlungsspuren zu erschließen. Selbst die Bezeichnung Kelten ist eine Fremdbezeichnung aus dem Griechischen, von celtoi = tapfer, edel. Die Römer verdrängten bzw. assimilierten die Kelten nach und nach, so dass sich keltische Zeugnisse ab etwa 50 v. Christus verlieren. Der tapfere aber einsame Kampf der keltischen Gallier gegen die übermächtigen Römer ist ja bekanntlich das Thema der erfolgreichen Comicreihe „Asterix und Obelix”. Nur in europäischen Randgebieten überlebte die keltische Sprache: in Wales, Schottland und Irland und gehört dort heute zum Nationalstolz.

Nachdem bereits im 16. Jahrhundert über erste spektakuläre Funde im Umland des Hohenasperg berichtet wurde, fand die erste systematische Grabung 1879 durch den württembergischen Geologen und Paläontologen Eberhard Fraas am Kleinaspergle statt, in dem man zurecht einen keltischen Grabhügel vermutete. In einer bergmännisch angelegten Stollengrabung stieß man auf ein noch unberaubtes Nebengrab, in dem man hochwertige Metallarbeiten und auch zwei griechische Schalen fand. Letztere erlaubten eine Datierung auf um 450 v. Chr. Als Sensation galten damals zwei aufwändig gearbeitete goldene Trinkhörner. Als originär keltisch erwies sich eine bronzene Schnabelkanne, die für rituelle Zwecke benutzt wurde.

Der Asperger Grafenbühl, Rest eines keltischen Grabhügels, der nur noch als kaum merkliche Erhebung zwischen Bahnlinie und Autobahn wahrnehmbar ist, wurde ab 1958 bebaut. 1964 wurde dabei ein Grab angeschnitten und ausgegraben. In dem antik geplünderten Grab fanden sich aber noch Funde wie zwei bronzene Löwenfüße eines großen Kessels, zwei Sphingen, Reste eines Wagens und einer Kline, die durchaus auf ähnlicher Stufe wie das Grab des Keltenfürsten in Hochdorf anzusiedeln sind.

Der Hohenasperg selbst als mutmaßlicher Sitz des Keltenfürsten wurde leider bereits in der frühen Neuzeit in seiner Funktion als württembergische Landesfestung mehrmals so gründlich planiert und geschliffen, dass hier keinerlei keltische Siedlungsspuren mehr übrig geblieben sind. Seine herausragende topographische Stellung aber machte ihn in keltischer Zeit zum idealen Fürstensitz, zu dem die hochkarätigen Gräber in der Umgebung passen.