Utz und Lips und Heinz

Ein Bericht von Stefan Benning über einen Vortrag über Herzog Ulrichs Jahre im Exil in die GV-Runde .

Am vergangenen Mittwoch berichtete Wolfram Wehnert im Bärensaal über die Jahre Herzogs Ulrichs von Württemberg im Exil zwischen 1519 und 1534.

Schade, dass der Dauerschneefall einen noch besseren Besuch verhinderte, schade, denn Wolfram Wehnert bot den etwa 60 interessierten Zuhöreren einen spannungsreichen, sprachlich ausgefeilt und rhetorisch gekonnt präsentierten Vortrag, angereichert mit ansprechendem Bild- und Kartenmaterial.

Herzog Ulrich von Württemberg war berühmt berüchtigt. 1487 im elsässischen Reichenweiher geboren, kam er bereits als junger Mann in Regierungsverantwortung. Zwischen 1512 und 1519 überreizte der Heißsporn allerdings politisch und persönlich bei weitem, ja, er schreckte gar vor Mord nicht zurück. Mit dem Tübinger Vertrag von 1514 bescherte er dem Land allerdings auch eine „württembergische Magna Carta”, das wichtigste Verfassungsdokument des Herzogtums bis 1803. Als sich durch den Tod Kaiser Maximilians kurzzeitig ein Machtvakuum ergab, besetzte Ulrich aus nichtigem Anlass die Reichsstadt Reutlingen und löste damit den Verteidigungsfall des Schwäbischen Bundes aus. Dessen Heer besetzte daraufhin Württemberg. Albrecht Dürer, der gerade das Land passierte, hielt die Beschießung des Hohenasperg durch die Bundestruppen zeichnerisch fest; im Hintergrund auch die Stadt „Pyetyka” = Bietigheim. Ulrich musste außer Landes gehen und wandte sich zunächst der Grafschaft Mömpelgard zu. Währenddessen setzte Kaiser Karl V. seinen Sohn Erzherzog Ferdinand als Statthalter in Württemberg ein.

Ulrichs folgende Jahre sind von diplomatischen Bemühungen um politische und finanzielle Unterstützung für den Versuch einer (militärischen) Rückkehr nach Württemberg geprägt. Dafür hält er sich auch wiederholt in der Schweiz auf, wo er erste Kontakte zu oberdeutschen Reformatoren bekommt. 1526 überlässt er Mömpelgard seinem Halbbruder Georg und übersiedelt nach Hessen zu seinem einige Jahre jüngeren Vetter Landgraf Philipp. Dieser war seit einem Kontakt mit Melanchthon 1524 ein Sympathisant der evangelischen Lehre und führte nach einer Synode in Homberg 1527 in Hessen die Reformation ein. Die beiden Vettern Ulrich und Philipp verstanden sich gut und nannten sich Utz und Lips. Dritter in ihrem Bunde wurde „Heinz”, Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg, der Ulrichs Halbschwester Maria heiratete. Dessen Rücksicht auf den Kaiser und im Gegenzug ausbleibende Mitgiftzahlungen seines Schwagers Utz führten zu einem Bruch der Freundschaft.

1529 erlebte Ulrich in Marburg das von Philipp initiierte Religionsgespräch, das zu einem Ausgleich zwischen den oberdeutschen und den lutherischen Auffassungen führen sollte. Der Abendmahlsstreit konnte jedoch nicht beigelegt werden. Dabei lernte Ulrich auch Brenz kennen, den Reformator Schwäbisch Halls, den er später nach Württemberg holen sollte.

Während der Kaiser immer stärker außenpolitisch durch die an die Reichsgrenzen klopfenden Türken gebunden war, entwickelten sich die diplomatischen Bemühungen Landgraf Philipps zur Rückkehr Ulrichs nach Württemberg erfolgversprechend. Der am Hof Kaiser Karl V. erzogene Sohn Ulrichs, Christoph sollte sich nun als Schlüssel zur Rückkehr erweisen und über eine Aussöhnung mit Bayern die Tür nach Württemberg öffnen. Als der Kaiser Wind davon bekam und versuchte, Christoph nach Spanien zu verbringen, tauchte dieser unter und wurde versteckt gehalten. Nun hielt Landgraf Philipp die Stunde für gekommen: Vom Odenwald her zog er im Mai 1534 mit Ulrich gegen Württemberg und konnte das Land ohne nennenswerten Widerstand innerhalb von einer Woche zurückerobern.

Obwohl die Exiljahre Ulrichs deutlich im Schatten der württembergischen Geschichtsschreibung stehen, sind sie für das Verständnis der Person Ulrichs und seiner Politik nach der Rückkehr unerlässlich. Zwischen 1519 und 1534 hatte Ulrich Kontakt mit der ganz großen Politik und den aktuellen Fragen seiner Zeit. Die Verbindungen und Erfahrungen, die er hier gemacht hatte, wurden in der Folge für Württemberg fruchtbar.