Ein Bericht von Stefan Benning über einen Vortrag von Dr. Eberhard Fritz auf der Jahreshauptversammlung am 20.2.2008
Anlässlich der Jahreshauptversammlung des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen sprach Dr. Eberhard Fritz, Archivar des Hauses Württemberg, über Herzog Friedrich I. von Württemberg, einen schillernden, reformfreudigen aber dennoch nur wenig bekannten württembergischen Landesherrn in einer Zeit blühenden Wohlstands.
Ein knappes Drittel der 302 Mitglieder des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen und zahlreiche Gäste konnte der Vorsitzende Manfred Kurz unlängst im kleinen Saal des Kronenzentrums zur Jahreshauptversammlung begrüßen. Im Anschluss an die notwendigen und wie immer zügig abgewickelten Vereinspräliminarien sprach der Archivar des Hauses Württemberg Dr. Eberhard Fritz über den frühabsolutistischen Herzog Friedrich I. von Württemberg, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 400. Mal jährt.
Friedrich, 1557 geboren, entstammte der Mömpelgarder Nebenlinie des Hauses Württemberg und gelangte nur deshalb zur Regierung in Stuttgart, weil die Stuttgarter Hauptlinie mit dem Tod seines Cousins Herzog Ludwig 1593 im Mannesstamm erlosch. Ludwigs Vater, Herzog Christoph, hatte dieses Dilemma vorausgeahnt und den jungen Friedrich von Mömpelgard an den Stuttgarter Hof geholt und ihn hier gemeinsam mit wenig jüngeren Ludwig erzogen. 1581 für mündig erklärt, übernahm Friedrich zunächst die Regierung in Mömpelgard. Dort reformierte er mit Tatendrang und ohne nennenswerten Widerstand die Wirtschaft, förderte das Bildungswesen, trat als Bauherr auf und entfaltete höfische Renaissancepracht. Den zwangsläufig auftretenden Geldnöten versuchte er u. a. dadurch abzuhelfen, dass er Unsummen in Laboratorien investierte, in denen ihm Alchimisten Gold machen sollten.
Die im frankophonen Mömpelgard eingeübte frühabsolutistische Herrscherattitüde hielt Friedrich auch in Stuttgart aufrecht, wo er 1593 die Regierung antrat, in der Landschaft aber auf einen hartnäckigen Widerpart traf. Die Zusammenarbeit blieb Zeit Lebens schwierig. Immerhin gelang es Friedrich, die seit 1519 wie ein Damoklesschwert über Württemberg schwebende österreichische Afterlehenschaft abzulösen, zu Kosten freilich, die die Landschaft zu übernehmen hatte und damit im Grunde jeder einzelne Untertan. Auch die Erweiterung Württembergs betrieb Friedrich planmäßig, kaufte alles, was zu haben war, u. a. 1595 von Baden die Ämter Besigheim und Mundelsheim für die gewaltige Summe von 384.000 Gulden.
Der im übrigen weltmännisch auf internationaler Bühne agierende Herzog hatte von allen württembergischen Landesherrn die stärksten außenpolitischen Ambitionen und erwarb sich als Diplomat einiges Ansehen. Die ihm 1603 verliehene exklusive Mitgliedschaft im Hosenbandorden des englischen Königs ist Ausdruck dieser internationalen Reputation. Letztlich ist es auch seinem diplomatischen Geschick zu verdanken, dass Württemberg in dem sich zuspitzenden konfessionellen Konflikt im Reich eine Zeit des Friedens weiterhin bewahrt blieb.
Skurril: Zur Öffnung der Goldenen Pforte am Petersdom anlässlich des Jubeljahrs 1600 durch Papst Clemens VIII. ließ es sich Herzog Friedrich, der protestantische Fürst, nicht nehmen, nach Rom zu reisen und der katholischen Zeremonie persönlich beizuwohnen.
Im Sinne des Merkantilismus griff Friedrich auch fördernd und regulierend in die Wirtschaft des rohstoffarmen Landes ein, betrieb die systematische Suche nach Bodenschätzen und förderte Weinbau und Viehzucht. In Urach richtete er mit Erfolg eine überregionale Weberzunft ein, um die Leinenweberei nachhaltig zu fördern und über eine „Faktorei“ den Absatz zu besorgen.
In frühabsolutistischer Manier entfaltete Friedrich in Stuttgart ein prächtiges Hofleben mit internationalem Flair - sehr zum Missfallen der auf Sparsamkeit und Eigengezogenheit bedachten Landschaft. Als kongenialer Baumeister stand ihm Heinrich Schickhardt zur Seite, der überall im Lande mit großem Sachverstand im Auftrag des Herzogs baute. Musterbeispiel ist die Plan- und Idealstadt Freudenstadt, von Friedrich 1599 möglicherweise mit dem Hintergedanken gegründet, einmal Zentrum und Residenzstadt eines mit Mömpelgard geographisch vereinten Großwürttemberg zu werden. Ehe es dazu kommen konnte, starb Herzog Friedrich 1608 in Stuttgart.