Ein Bericht von Stefan Benning über die Jahresexkursion am 10.5.2003 unter der Leitung von Manfred und Anne D. Kurz
Auf badischen Spuren im altwürttembergischen Kernland.
Besigheim, Backnang, Oppenweiler und die Burg
Reichenberg standen auf dem Programm.
Das 1153 erstmals schriftlich erwähnte, aber wesentlich ältere Besigheim begeht in diesem Jahr sein 850jähriges Jubiläum. Es war die erste Station der Reise, denn Besigheim war bekanntlich mit kurzen Unterbrechungen bis 1595 und mit gewissem Stolz badisch. Die malerisch auf einem von Neckar und Enz umflossenen Bergsporn thronende Stadt hat gleich zwei stauferzeitliche Burgen in ihre Mauern integriert. Die kaum 500 Meter entfernt von einander um 1220 von Hermann V. von Baden errichtete obere und untere Burg prägen noch heute mit ihren markanten Rundtürmen das Stadtbild. Der untere, der Waldhornturm, wurde über steile Stahltreppen und enge Stiegen erklommen und bot von seiner Plattform einen weiten Rundblick über die Stadt. Die Stadtkirche birgt mit dem Besigheimer Altar ein Kleinod spätmittelalterlicher Kunst. Wegen der in Baden erst eine Generation nach Württemberg eingeführten Reformation ist dieses Kunstwerk dem andernorts vernichtenden Bildersturm entgangen. Anne D. Kurz erläuterte kenntnisreich das holzsichtige und nur ganz sparsam gefasste Altarretabel, das Christoph von Urach zugeschrieben wird. Sie machte dabei besonders auf die teils qualitätvolle Schnitzarbeit aber auch auf die vielen augenfälligen Unstimmigkeiten im Aufbau des Schreins aufmerksam, die vielleicht auf einer späteren Kombination ursprünglich gar nicht zueinander gehörender Figuren beruht.
Weiter ging es nach Backnang, wo die badischen Markgrafen um 1100 ein Stift gründeten. Die Stiftskirche sollte als Familiengrablege dienen, ehe eine Verlagerung des Herrschaftsmittelpunktes weit nach Westen an den Rhein diesen Plänen in Backnang ein jähes Ende bereitete. In der Tat aber finden sich die Gräber dreier badischer „Hermänner“ aus dem 12. Jahrhundert in der kleinen, wieder freigelegten Krypta.
Die 1692 durch die Franzosen bis auf die Grundmauern niedergebrannte Ledergerberstadt birgt nur noch wenige ältere Rudimente. Auch die Michaelskirche, die alte Pfarrkirche der Stadt, wurde, 1614 erst von Schickardt mit einem Turmaufbau versehen, ein Opfer des verheerenden Feuers. Anstelle des nach dem Brand abgerissenen Schiffs erhielt der eigenartig polygonale Chorturm einen Fachwerkanbau, der jahrhundertelang die Schule und heute die städtische Galerie beherbergt. Der sich noch als Baustelle darbietende, von den Einbauten befreite Chorturm zeigt die Formensprache der frühen Gotik. Doch klaffen in den schön gearbeiteten Kapitellen furchtbare Wunden von der genau hier einst eingezogenen Zwischendecke. Die Sanierung dieses Torsos ist eine delikate Aufgabe der Denkmalpflege.
Im ritterschaftlichen Dorf Oppenweiler stand die Kirche der Herren Sturmfeder von Oppenweiler auf dem Programm. Äußerlich kaum bemerkenswert, entpuppt das Kirchlein sich im Inneren als ein Kleinod spätmittelalterlicher Steinhauer- und Bildschnitzerkunst. Die ganze Palette der Grabkunst vom 14. bis ins 17. Jahrhundert findet sich in Gestalt verblichener Angehöriger der Familie Sturmfeder an den Wänden des Gotteshauses. Manfred Kurz nutzte die selten so konzentriert vorhandene „Grabkunstgeschichte“, um die Epitaphe als Quellen für ihre Zeit, für Kleidung und Bewaffnung zu demonstrieren und umgekehrt bestimmte Merkmale wie etwa die Art der Schrift als Hilfsmittel zur Datierung heranzuziehen.
Mit der Oppenweiler weithin überragenden Burg Reichenberg bildete eine Ringburg mit Schildmauer den Abschluss des reichhaltigen Besichtigungsprogramms. Der inmitten des Mauerrings stehende Rundturm wurde gleichzeitig mit den Besigheimer Türmen errichtet. Die mächtigen Buckelquader tragen die gleichen Steinmetzzeichen und das Mauerwerk ist ähnlich sorgfältig gefügt. Die Burg, die in württembergischer Zeit einem Forstmeister als Amtssitz diente, beherbergt heute eine geronto-psychiatrische Anstalt und ist deshalb nicht ohne weiteres zu besichtigen.