Conrad Bareiss - Großaktionär der Kammgarnspinnerei Bietigheim und seine Verbindungen zum Widerstand gegen Hitler

Bericht über den Vortrag von Wolfram Wehnert beim Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen (23.9.2021)

Nach langer Pause konnte der Geschichtsverein Bietigheim-Bissingen endlich wieder zu einem Vortrag einladen - natürlich unter Corona-Bedingungen. Wolfram Wehnert berichtete über „Conrad Bareiss - Großaktionär der Kammgarnspinnerei Bietigheim und seine Verbindungen zum Widerstand gegen Hitler“.

Conrad Bareiss wurde 1880 in Chicago geboren, er war amerikanischer Staatsbürger. Nach dem Tode seines Adoptivvaters wurde er Besitzer der Firma Schachenmayr, Mann & Co in Salach bei Göppingen und übernahm 1922 die Aktienmehrheit an der Kammgarnspinnerei Bietigheim. Über den Stuttgarter Rotary-Club hatte er Kontakt zu führenden Stuttgarter Industriellen, besonders zum Führungspersonal des Bosch-Konzerns.

Robert Bosch stand dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber; er nutzte die starke Stellung des Konzerns als eines rüstungswichtigen Betriebs, um die Auswanderung jüdischer Familien zu unterstützen, und er richtete auch geheime Werkstätten für jüdische Mitarbeiter ein. In der Firmenleitung des Bosch-Konzerns bildete sich ein Kreis von Gleichgesinnten, die den Nationalsozialismus ablehnten und Kontakte zu Widerstandsgruppen aufnahmen.

Conrad Bareiss verlegte1931 seinen Wohnsitz nach Zürich, weil er wegen der wachsenden Zustimmung der Deutschen zu den National-sozialisten die Entwicklung in Deutschland skeptisch beurteilte. In Bareiss‘ Haus in Zürich fand am 12. November 1942 ein geheimes Treffen von Mitgliedern des Bosch-Kreises mit dem dortigen amerikanischen Konsul statt. Dabei wurde ein Memorandum verfasst, das im Original erhalten ist; der Konsul leitete dieses Dokument nach Bern und Washington weiter. Der amerikanische Konsul wurde informiert, dass es in Deutschland Widerstandsgruppen bis in höchste militärische Kreise gab und dass auch Pläne für ein Attentat auf Hitler geschmiedet wurden. Außerdem wurden Forderungen nach einem baldigen Ende des Krieges mit den westlichen Alliierten und nach einem ehrenvollen Frieden vorgebracht und Vorstellungen für eine künftige Neuordnung Deutschlands skizziert. An dem Geheimtreffen nahmen außer Bareiss vom Bosch-Kreis Erwin Bohner, der Direktor der Handels- und Gewerbebank Heilbronn, und Hans Walz, der Geschäftsführer der Robert- Bosch-GmbH, teil. Walz war, obwohl Gegner des Nationalsozialismus, in die SS eingetreten, um die Enteignung des Bosch-Konzerns zu verhindern und um seine Kontakte für Oppositionelle nutzen zu können. Der Bosch-Kreis hatte auch enge Beziehungen zu einem bekannten Vertreter des Widerstands gegen Hitler, zu Carl Friedrich Goerdeler. Nach dessen Rücktritt als Oberbürgermeister von Leipzig 1937 band Robert Bosch Goerdeler als wirtschaftlichen Berater an den Konzern. Das ermöglichte ihm vielfältige Kontakte ins Ausland, die er auch im Sinne des Widerstands nutzen konnte.

Goerdeler wurde nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet und im Februar 1945 hingerichtet. Hans Walz wurde nach dem Krieg in einem der Nürnberger Prozesse zu zwei Jahren Haft verurteilt, dann aber rehabilitiert und, weil er die Auswanderung von Juden gefördert hatte, in Israel in der Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt.