Eine Ukrainerin: „Für das Lager hat Friedrich D., ein Bauer, gearbeitet. Er hat mich zu sich zur Arbeit genommen. Ich kann mich ganz deutlich daran erinnern, wie wir in einer Reihe gestanden sind und gefragt wurde, wer ein bisschen Deutsch könne. Ich habe mich umgeschaut, rechts und links. Und in diesem Moment hat mich jemand mit der Hand in den Rücken geschupst. Ich bin sozusagen unfreiwillig vorgetreten. Und meine Augen sind voller Tränen gewesen. So bin ich zu D. zur Arbeit gekommen.”

Eine weitere Ukrainerin: „Alle Verhandlungen und Befehle waren auf Deutsch. Die Worte, die man mit uns wechselte, waren nicht viele und sie hatten einen militärischen Tonfall: ‚Schnell! Aufstehen! usw.’ Im Lager gab es Dolmetscher, aber ich kann mich nicht an die Namen erinnern. Ich habe persönlich zwei Personen in militärischen Uniformen gesehen, sie haben Russisch gesprochen. Aber man merkte, dass sie einen begrenzten Wortschatz und einen wilden Akzent hatten. Übrigens, wir – meine Mutter, der Bruder und meine Schwester – wir sind diesen Männern sehr dankbar. Diese Menschen haben sich beim Lagerleiter dafür eingesetzt, dass wir nicht getrennt wurden. Die Sache war so: Wir wurden auf einem Platz alle nebeneinander aufgestellt. Ich habe zum ersten Mal den Oberlagerleiter von Grotz gesehen. Der Oberlagerleiter wählte aus: Meinen Bruder, meinen Onkel, meine Mutter und die drei Frauen, die bei uns im Haus gewohnt hatten und andere Leute aus anderen Dörfern, die mir unbekannt waren. Ich und meine Schwester Raisa sind in der Reihe zurückgeblieben. Ich, weil ich noch klein war, konnte nicht adäquat auf dieses Geschehen reagieren. Die ganze Tragik des Momentes konnte ich damals nicht fassen, aber meine arme Mutter! Neben mir hat meine Schwester Raisa geweint. Ich habe die Mutter nicht gesehen, sie war mit den anderen auf die Seite gestellt worden. Aber heute kann ich mir ihren Zustand vorstellen. Dann hörte ich deutlich folgende Worte an den gelähmten, humpelten Oberleiter von Grotz, zunächst auf Deutsch, dann auf Russisch: ‚Man muss die Kinder bei der Mutter lassen.’ Und schon eine Minute später, nach einem Nicken des Oberleiters und seinem Wink mit einem Stock, standen wir schon bei unserer Mutter. Sie konnte nicht sprechen, sie hat nur geweint.”